UNItopia News: Brett Medien, Gruppe Buecher, Artikel 1139

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Titel: Re: Buchbesprechung: Asche zu Asche
Artikel: 1139                                          Bezug: 1138
Verfasser: Merry                                       Datum: 10.02.05 22:43:42
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Ich werfe noch "Lemprieres Woerterbuch" in die Liste der schlechtesten
Buecher. Es ist ein historischer Roman, der zur Zeit der grossen
Handelsgesellschaften wie der Ostindischen Kompanie spielt. Der
"Held", Lempriere, kann keine eigene Entscheidung treffen, wird von
den Gegebenheiten hin und her geworfen und hat auch massive Probleme,
Realitaet und Einbildung zu unterscheiden. Das deutet der Autor durch
einen Schreibstil an, in dem die Natur und alle unbelebten
Gegenstaende eine aktive Rolle haben, nur Lempriere nicht. Das ist am
Anfang ganz witzig, aber dann ermuedet es schnell und ist spaetestens
zur Mitte des Buches so spannend wie ein Film, in dem die Kamera
stundenlang unablaessig zu anschwellender Musik aus dem Fenster eines
fahrenden Autos gehalten wird.

Nun werden durch eine maechtige Geheimorganisation mehrere eklige
Morde inszeniert, die sie Lempriere in die Schuhe schiebt. Natuerlich
ist dieser komplett unfaehig, solche Taten zu planen, und es glaubt
auch niemand, dass er diese veruebt hat - ausser ihm selbst. Und genau
das ist auch die Absicht der Schurken gewesen - warum, das bleibt
allerdings ihr Geheimnis.

Schliesslich erfaehrt man kurz vor Schluss, dass die ganzen
grauseligen Verbrechen von Cyborgs veruebt worden sind. Und da fragt
man sich, wenn einem der Autor im Nachwort erklaert, dass er auf
groesstmoegliche historische Genauigkeit geachtet hat: Will der den
Leser eigentlich komplett verarschen? Aber vor allem erlegt dieses
Ende jede Art von Grusel oder Spannung, die einem bis dahin noch
anfliegen konnte, weil dadurch die Story derart an den Haaren
herbeigezogen ist, dass man beim besten Willen nicht mehr an diese
maechtige, geheime Organisation glauben kann.

Die deutsche Version (die ich gelesen habe, jedenfalls zu rund zwei
Dritteln) hat noch das zusaetzliche Pech, dass sie komplett missraten
ist. Das haelt den Uebersetzer Gisbert Haefs leider nicht davon ab,
sich im Anhang ausgiebig selbst zu feiern.

Merry