UNItopia News: Brett Smalltalk, Gruppe Gedichte, Artikel 378

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Titel: Wozu?
Artikel: 378                                           Bezug: 0
Verfasser: Jess                                        Datum: 07.07.00 15:06:27
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Kleiner Junge, grosse Augen
Kleiner Junge, grosser Baum
Grosse Augen, grosser Traum

Alte Rinde, hohe Krone
Rauschend Blaetter
Niemals ohne
Fluestern, Kitzeln
Gruen und Licht
Komm' zu mir
Kind, saeume nicht!
Alt, gross und maechtig steh' ich hier
Thron' ueber Menschen und Getier
Doch meine Zweige 
Soll'n sich beugen
Unter Deinem Flohgewicht
Ist dann die Krone einmal dein
Wird der Wind dir Zeuge sein

Kleine Haende
Tastend, fuehlend
Schlafend' Holz und duftend' Harz
Kopf im Nacken
Aermel hoch
Jetzt will er den 
Stamme packen
Hinauf, o ja
Zu Sieg und Himmel
Hinauf - schnell, schnell
Zur hoechsten Hoeh'
Der Wille tief im Herzen liegt
Weshalb der Himmelsstuermer siegt
Bezwingt den hoelzernen Gesell'
Das Kindeslachen glockenhell

Grosser Junge, grosse Augen
Grosser Junge, kleiner Baum 
Der tut's nicht mehr 
Ein andrer her!
Ein andrer Baum
Der gleiche Traum
Der grosse Traum
"Bezwinger von Giganten"

Am Ende einer weiten Suche
Da nur noch einer uebrig bleibt
Beladen mit dem Todesfluche
Der Erden hoechste Hohenheit
Das Dach der Welt und seine Spitze
Der Berg der Berge und viel mehr
Der grosse Bruder jenes Baumes
Der ihm zuallererst gepraegt
Grund und Gestalte seines Traumes
Wo hier und jetzt sein Wille lebt

Klein wie ein Floh steht er vor ihm
Erinnerung an Kindestage
Sieht Wolken ihre Bahnen zieh'n
Des fernen Gipfels Maskerade
Dann zieht er los
Und ist begleitet
Von seinem treuesten Gefaehrten
Doch eigentlich
Geht er allein
Mit seinen lebenslangen Werten
Dem grossen Traum
Vom grossen Baum
Und allen seinen Bruedern
Kein Unterschied
Ob Stein, ob Holz
Er muss ihn brechen
Diesen Stolz
Der arroganten Majestaeten

Mit Zuversicht in Blick und Sinn
Wird Not und Muehsal leicht ertragen
"...hoechste Verehrung - der Gewinn!"
In Grenzen halten sich die Klagen
Hinauf, o ja
Zu Sieg und Himmel
Hinauf - schnell, schnell
Zur hoechsten Hoeh'
Der Wille tief im Herzen liegt
Weshalb der Himmelsstuermer siegt
Bezwingt den steinernen Gesell'
Das Manneslachen kinderhell
"O Wind, so hoere meine Worte
An diesem hoechsten aller Orte
Sei Zeuge meines grossen Sieges
Triumph! Triumph!
Es ist vollbracht
Gebrochen ist des Riesen Macht!
Mein Kamerad, beeile dich
Photographiere diese Stunde
Dass, wenn die Menschen fragen sich
Ob wahr sein kann die grosse Kunde
Die allerorten macht die Runde
Der Berg der Berge sei geschlagen
Von Menschenkraft und Mut allein
Solch' Zweiflern soll'n die Bilder hier
Beweise unsres Sieges sein"

So sprach der Ueberwinder kuehn
Der Kamerad tat es ihm gleich
"Die ganze Welt muss hoeren dies
Berlin, New York, London, Paris...
Getan ist das Unmoegliche!"
Doch nie erreichten solche Worte
Jemals mehr diese fernen Orte
Der Berg wurde zur Grabesstaette
Verhaengnisvoll der Weg hinab
"Pass' auf..."
"O nein!"
"Ich stuerze ab..."
So ging der tapf're Kamerad
Und auch er selbst verlor den Halt
Schrie, stuerzte und fiel tief und hart
Um nimmermehr sich zu erheben
Herz, Fleisch und Knochen wurden kalt
Zerschmettert die edle Gestalt
Stoehnend entwich das Leben
Der pfeifend' Wind
Er trug es fort
Des Gipfelstuermers letztes Wort:

"...Gewonnen..."


Jess